Mittwoch, 4. Dezember 2013

Jung und noch grün hinter den Ohren...

Werte Leserschaft

Von ganz oben von den Sternen bekamen wir die Anweisung, dass alles zwar gentlemännisch/frauisch unter dem Mantel des Schweigens ruhen, jedoch für eine gewählte und geneigte Leserschaft zugänglich sein soll: das Thema Containern. Wir halten die "Containerwoche" der jungen Grünspechte für absoluten Blödsinn, dem nur noch grösserer Blödsinn folgen kann, da es eine politische Aktion ist. Wir halten Politik für ausgekochten Blödsinn. Politik hat zu wenig Probleme gelöst, neue verursacht oder sie verschlimmert. Gesetze dienen nur dem System, das kurz vor dem Kollaps steht. Solange alle mit Massenmedien im Dunkeln gehalten werden, werden sie nie wissen, was gut für sie selbst ist, und daraus schlagen alle Profit. Die Menschen werden zu Konsumzombies, die glauben, mit Geld könne man sich Freiheit kaufen, und Gesetze würden die gröberen Dinge des Lebens regeln. Sie geben Verantwortung an andere ab. Die einzige "Freiheit" in diesen Gefilden besteht aus dem "heiligen Konsum" von Gütern, die wir nicht brauchen und die im Übermass produziert werden, damit Arbeitssklaven in Arbeit gehalten und weiterhin schlecht bezahlt werden. 


Warum kaufen wir diese Güter, die wir nicht wirklich brauchen? Weil wir keine Gesellschaft mehr sind. Wenn uns was fehlt, zum Beispiel eine stabile Orangenpresse, die man erst ab zweihundert Franken bekommt, hacken wir uns eher ein Bein ab, statt wie ein normaler Mensch mal schnell beim Nachbarn zu klingeln. So viel Ego lässt die Seele verkümmern. Wir sind beherrscht von Misstrauen und Vorsicht unseren Mitmenschen gegenüber. Solange niemand wagt, eine eigene Meinung zu haben und aus dem System auszusteigen, wird sich nichts ändern. Politik ist die Bemühung, alle gleich zu machen. Und das werden wir glücklicherweise nie sein: gleich. 


Was haben wir Menschenwesen überhaupt miteinander gemeinsam, wenn wir uns ständig bekriegen? In der Schweiz würde ich sagen: Wir spielen alle eine Rolle im System und behalten unsere Meinung für uns, bis wieder ein Wahlzettel ins Haus flattert und viele, viel zu viele, ein Kreuz machen – bei der rechten Partei SVP. Nie habe ich persönlich jemanden gekannt, der die SVP favorisierte. Doch alle machen dort heimlich ihr Kreuzchen. Alle waren darauf erpicht, das, was sie zu haben glaubten, mit rechter Politik zu konservieren. Und als sie ihre Stimme abgaben, hatten sie keine mehr. Ihre Stimme war weg, ihr Leben veränderte sich im Schneckentempo. Die wirklich wichtigen Themen wurden von der Politik umschifft (Waffenindustrie / Pharma / Menschenhandel / Genfood). Doch die Wellen steigen immer höher und das Schiff wird irgendwann vom Tsunami verschluckt werden, da kann man noch so ein guter Skipper sein, hier kommen höhere Mächte ins "Spiel", nämlich die Natur, die uns freiwillig und aus Liebe nährt. Genau so – nämlich gratis – muss Nahrung sein, denn Nahrung ist ein Grundrecht. Solange Menschen fürs Überleben auf kosten Schwächerer zum Wegwerfen produzieren, so lange müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen, denn dieses Risiko ist eiskalt einkalkuliert. 


Eines Tages, jetzt kommt ein Märchen, halten Sie sich fest. Denn eines Tages gab es nichts mehr zu essen, weil die Kasse leer war. Nehmen wir an, es war ein stinknormaler Schicksalsschlag. Die Krankmach-Kasse hatte die Krebsbehandlung nur zum Teil übernommen. Man war zu stolz, aufs Sozialamt zu gehen. Und man war zu stolz, um die neuen Kleider von der netten Containerdame anzunehmen, ausserdem passten einem die Farben der Billigware nicht. Und die Container waren abgeschlossen. Das Essen wurde verbrannt und in Biogas umgewandelt, weil wir doch so ein grosses Energieproblem hatten, das dank der Energielobby weiterhin aufrechterhalten werden sollte, damit wir weiterhin mit der Anschaffung von Geld beschäftigt werden konnten, um unsere Wohnung zu heizen. Dafür also gingen wir anschaffen, ähm, arbeiten. Zwangsprostitution soll verboten werden. Als Nächstes kommt dann das Zwangsarbeitsverbot. Zwang und Verbot: Ist das nicht dasselbe? Jetzt wurde Politik langsam interessant. Das Schiff machte ein letztes Manöver um das Thema Waffen- und Menschenhandel, doch es wurde von einer Welle erfasst, die das Gebälk ächzen liess und es für immer in die Tiefen des Meeres verbannte. Der Skipper liegt am Grund und grinst mit seinen Klapperzähnen. "Oben ist jetzt unten", singt er mit den Fukushima-Fischen um die Wette. 


Die Wahrheit liegt vor unseren verklebten Augen. Wir müssen nur mal die Scheibe wischen und den Container öffnen, in dem so viel Frischware liegt, die bereits bezahlt ist. Auf den Einkaufspreis kommen noch mal mindestens zwei Drittel drauf, und fertig ist der Mehrwert. Sorry, aber dies ist ein Märchen, das ganz echt ist. 


Montag, 7. Oktober 2013

Die Aspiranten


Gerne nehmen wir hin und wieder Gäste mit auf eine Container-Tour. Und heute ist eine grosse Tour angesagt! 

Obwohl Charlotte und meine Wenigkeit in Kürze und Bälde zu unserem Sommersitz aufbrechen und eigentlich dort nicht viele Lebensmittel brauchen (wir leben auf Schloss Somersault ausschliesslich von den Plantagen unserer Residenz), wollen wir den zwei jungen Aspiranten doch einen heftigen Einblick in die Verschwendungssucht unserer Zuvielisation bieten.

Wie es sich für Auszubildende gehört, müssen sie sich in geeigneter Arbeitskleidung auf die Tour begeben… eine Frage von Stil und Etikette, das sollen diese jungen Menschen sich hinter die gewaschenen Ohren schreiben!

Am ersten Ort, den wir aufsuchen, schrecken wir Ordensbruder Luis auf, der sich da gerade am Brockenhaus-Container zu schaffen macht. Ihm rast sichtlich das Herz bei unserem Anblick. Er hat uns in den Uniformen für Securitas-Personal gehalten! Wir lachen amüsiert, dann tauschen wir uns etwas aus. Er kennt einen Weg zu einer neuen Nahrungsquelle und beschreibt uns detailiert, wie man zu dieser gelangt.

Unser Karrosse ist nach wenigen Minuten bereits bis unters Dach gefüllt, vorwiegend mit Rosenkohl, Peperoni, Pflaumen und Pfirsichen. Ehrlich gesagt habe ich, Wolfgang, in letzter Zeit etwas zuviel Rosenkohl gegessen, es gelüstet mich nach anderem. Kartoffeln beispielsweise. Zuhause habe ich bereits sechs Ananas' zu einem herrlichen und erquickenden Saft verarbeitet.

Die zwei Aspiranten staunen ob der Qualität der Waren, welche praktisch einwandfrei sind. Seit unser Lieblingseinkaufsladen bis zu Geschäftsschluss frisches Brot anbietet, finden wir eine breite Palette knuspriger und noch warmer Brote vor.

Seit meinem Beschluss, Diät zu halten und zwanzig Kilo Gewicht zu verlieren, interessieren mich weder die vielen Süssgetränke noch die hunderte von Hühner- oder Kinderüberraschungseiern. 
Meister Zottel, unser sportbesessener Kollege, ist dem ungesunden Kram nicht abgeneigt, und seine gierigen Äuglein glänzen lustig. Seine neue Methode ist es, manche Sachen direkt am Container durchzukauen, fürs reine Geschmackserlebnis, um es dann wieder zurück in einen anderen Container zu spucken… 

Wir fahren mit der Kutsche zurück nach Schloss Ehrenfels, wo wir erstmal alles abladen. Romantiker, der ich bin, drücke ich Charlotte sechs mitgebrachte Blumensträusse in die Hand. Dann machen wir uns auf, in weiter entfernte Grafschaften der Dekadenz und des Überflusses. Bereits am nächsten Ort treffen wir zwei neue Nachtschatten-Gestalten, die sich am Container zu schaffen machen. Man begrüsst sich freudig erregt, und ich stelle fest, dass wir sogar Freunde und Komillitonen im Container finden.

Man findet sich schnell, tauscht sich aus, und schnell kommen wir darauf, dass wir eigentlich eine Form von Tauschbörse bräuchten. Beispielweise treffen sich alle Dumpster Diver Samstag nachts um halb elf auf einem Parkplatz und tauschen Sachen aus…

Überwältigend, diese Tour, einmal mehr. Ich erinnere die Aspiranten an dieser Stelle gerne daran, dass es sich um einen ganz normalen Abend handelt.

Die Container werden wieder kühler, das Bakterienwachstum wird gestoppt. Wir werden bald wieder Eistorten und Fondue essen können (also, ich nicht. Wie gesagt, bin auf Diät). Und bald schon kann Kollege Zottel wieder herzhaft Sushi direkt aus dem Container schlemmen.



Montag, 19. August 2013

Fleisch und Plastik


Zwei Wochen Ferien. Sonne, Sand, Meer. Keine einzige Solarzelle da, auf den Dächern dieser Insel in der Türkei, um all das Gratissonnenlicht abzuernten. Dumm, dumme Menschen. Oder schlicht und ergreifend wieder mal kein Geld da für die wesentlichen Dinge.

Eine Flaniermeile, zwei Kilometer lang, mit Restaurants, Bars, und Fastfood-Lokalen. "Ihr seid Vegetarier? Hm, das wird schwierig." Der Sohn des Vermieters lässt uns spüren, was er von Vegetariern hält, nämlich nichts. Tatsächlich gibt es überall nur Fleisch, und das nicht zu knapp. Zwei Stände verkaufen Baked Potatoes. Immerhin. Wir finden ein paar Lokale mit Tomatensalat. 
Alle trinken Wasser aus PET-Flaschen – Plastik, so weit das Auge reicht. Das ist überall so, und wir nehmen das einfach als gegeben hin. Die Strände und Büsche sind voller Müll. Ich mag nicht hochrechnen, wie viel Plastik wohl draussen auf dem Meer herumdümpelt.

Wir gehen zum Markt, wo wir herrliches Gemüse finden – Auberginen, Okra, Zwiebeln, Knoblauch, Portulak, Tomaten, Gurken – und kochen selber. In diesen Ferien beschliessen wir einiges für die Zukunft: keine Getränke mehr aus Plastikflaschen, das Essen lieber von zu Hause mitnehmen, wenn man wo hingeht.

Überall sehe ich ungenutztes Potenzial, Dummheit, Gleichgültigkeit, Nachlässigkeit. Das tut einfach nur weh. Charlotte weint auf dem Nachhauseflug. 

Auf der Ferieninsel lassen wir uns tätowieren: Das Anarchie-Zeichen auf den Oberarm. Charlotte in rot, ich in schwarz. Für mich ein klares und starkes Statement, dass ich fortan keinerlei Herren mehr über mir dulden werde. Diese Tätowierung soll mich mein ganzes Leben daran erinnern. Der gemeine Bürger setzt ja "Anarchie" mit dem Begriff "Chaos" gleich und glaubt, die Angelegenheit damit erledigt zu haben. Dabei geht es vielmehr um die Vision von Obrigkeitslosigkeit und Eigenverantwortung. Der werte Kollege Alan Moore sagt es hier sehr schön: 

Alan Moore on anarchy

Containerkollege Zottel fährt heute nach Norwegen. "Nimm die Türklinke mit!" ruft ihm Charlotte nach. "Vielleicht gibts dort ja geile Container."


Freitag, 5. Juli 2013

Am Container vor dem Tore



Ein erquickend Goethe-Gedicht rezitierend öffnete ich heute zur nächtlichen Stund' den ersten der sechs Container: 

Blumen mögen ruhig sprießen 
Reizend euer Haupt umzieren. 
Früchte wollen nicht verführen
Kostend will man sie genießen. 
Bis zum Rand gefüllt mit Tomaten, Eisbergsalaten und getrockneten Feigen. Charlotte, das müssen Sie wissen, sie liebt Feigen! Und mutige Männer, die sie vom Container pflücken auch. Heissa, das verheisst eine heisse Nacht fruktoser Glückseligkeit!
Ein weiterer Containergenosse, der gebenedeite und erwürdige Herr Hanscaspar Weazel vom Hohentann, stösst im munteren Stechschritt hinzu, und schmettert die zweite Strophe laut schallmeiend und passgenau ins Rund:
Bieten bräunliche Gesichter
Kirschen, Pfirsichen, Königspflaumen
Kauft! denn gegen Zung`und Gaumen
Hält sich Auge schlecht als Richter
Wie Brüder begrüssen wir uns, fallen uns lachend wie die Spitzbuben in der Endszene aus dem cineastischen Cellophanstreifen "Krieg der Knöpfe" um den Hals, tauschen unsere Hausfrauenerfahrungen aus und tratschen wie das Brünnlein vor dem Thore. Einmal mehr erschlagen werde ich ab der schieren Menge, will mich diesmal aber bescheiden, nehme nur Pfirsiche, Tomaten, Frühlingszwiebeln und besagte Feigen. Sonst bricht mir noch mein gutes Pferd "Sparkplug" vor Erschöpfung zusammen.
Kommt, von allerreifsten Früchten
Mit Geschmack und Lust zu speisen!
Über Rosen läßt sich dichten,
In die Äpfel muß man beißen.
 Frohgemut schreitet man nach hause, die Schätze zu geniessen (und da ist durchaus auch Charlotten mitgemeint).
Das Leben ist schön, ist es nicht? Ah, Charlotte, mein Herz!


Ein Liebchen ist der Zeitvertreib, auf den ich jetzt mich spitze. 
Sie hat einen gar so schlanken Leib und trägt eine Stachelmütze.

Sonntag, 30. Juni 2013

Die Beute von heute




Entscheidend, ob etwas gegessen werden kann oder nicht, ist immer noch die gute alte Nase.

Dumpster-Früchte-Bowle, ein Rezept von Container Karli

Man nehme die Auswahl der Früchte, die man im Container seiner Wahl vorfindet, in unserem Fall sind das Erdbeeren, Kirschen, Pfirsiche, Kiwi, Pflaumen und Bananen. Die Kirschen koche man in etwas Wasser mit Vanillezucker, Zucker und Zimt auf. Die restlichen Früchte fein schneiden und die noch heissen Kirschen darüber giessen, etwas ziehen lassen, fertig.



Dienstag, 25. Juni 2013

Containerbilanz und Kassensturz



Gemüse. Immer gut, das Gemüse. Viel Spargel, Tomaten, Auberginen, Broccoli, Kartoffeln, Knoblauch, Zwiebeln und Rüebli… Eisbergsalat und Schnittsalat sind energetisch tot, die lassen wir liegen. Unter den vielen Salatköpfen, die sich momentan in der Wegwerf-Saison befinden, entdecken wir Fenchel, Süssmais, Peperonis, Zucchetti und Blumenkohl…

Früchte. Viele Orangen, Zitronen auch jetzt noch, im Sommer. Charlotte hat mir zum Geburtstag eine wunderbare Orangenpresse geschenkt. Eine, bei der man von Hand den Hebel runterpresst. Die motorbetriebenen Saftpressen steigen erfahrungsgemäss irgendwann aus. Sind sie absichtlich so justiert worden, dass sie immer nach einem Jahr aussteigen müssen? Aber auch Rhabarber, Äpfel, Ananas, Pfirsiche, Aprikosen, Nektarinen, Mangos, Melonen. Bananen gibt es das ganze Jahr über satt. Trauben sind zu armselig in letzter Zeit. Die lassen wir im Container. Wir müssen ja nicht alles nehmen, was Abfall ist…

Eier. Grösster Fund bisher: ein Karton mit 54 Hühnereiern. Es gab in der Woche dreimal Kuchen, um die Dinger zu verarbeiten!

Zucker. Tonnenweise Zucker. Packungen aufgeplatzt. Ist eine Packung kaputt, landet die ganze Palette im Müll. Danke! 

Kaffee. Instantkaffee, verscherbelt. voller Glassplitter. Jetzt als Dünger im Garten. Ob das den Schnecken gefällt? Kapselkaffee für weissnicht welche Maschinen. Aufstechen und Pulver herausnehmen. So richtigen Bohnenkaffee haben wir nur einmal gefunden.

Fleisch. Viel Schweinefleisch, Lachs und Crevetten, Salami und diverser Aufschnitt, Barbecque-Fleisch, massenhaft Bratwurst, ab und zu mal Huhn.

Butter, Milch, Käse und Mozzarella und im Winter Fondue. 

Brot. In allen erdenklichen Formen, auch Pizzas, Focaccia, Frischback-Gipfeli, Toastbrot.

Teigwaren. Eher selten. Ab und zu mal ein aufgeplatzter Sack. Neulich einige Mogelpackungen Lasagne. Da hiess es grossspurig "mit Lachs und Spinat". In der Packung waren dann aber bloss Teigblätter und ein Beutel mit geschmacksverstärkendem Glutamatpulver und Gewürzen. Den Lachs, die Butter, die Milch und den Spinat hätte man selber noch hinzufügen sollen. Noch ein Jahr haltbar, aber die Leute habens wohl nicht gekauft.

Alkohol. Wenn man eine kaputte Flasche findet, so lohnt sich die Suche nach den anderen fünf Flaschen, das ist die Faustregel von Containergenosse Zottel. Weine, Bier, Prosecco, alles da. Im Gebinde sind oft sechs Flaschen. Beispielsweise Eierlikör. Eine Flasche ist kaputt, die anderen Fünf damit verkleckert: hops! alles in den Container.

Getränke. 
Süssgetränke, Sprite, Fanta, Cola light. Blubb. Wolfgang ist dem klebrigen Zeug leider sehr zugeneigt. Experimentelle Getränke, die bei der Käuferschaft keinen Anklang fanden, auch. Eins mit amerikanischer Traube roch wie Haarspray. Interessant, mal etwas anderes.

Süsskram. 
Schokolade, Mon Chérie, Fruchtgummi, Schokodessert, Coupe Chantilly, Joghurt.

Kleider. Babykleider, Schuhe, Pyjamas, Büstenhalter, Kinderhosen, Unterhosen, Regenjacken, Sportoutfits, alles da. Auch Bettbezüge und Tischdecken.

Waschmittel. Bereits zum dritten Mal einen Karton à 6,5 Kilo Waschmittel gefunden. Karton leicht beschädigt. Eine grosse Flasche Shampoo, kleine Shampoos in allen erdenklichen Duftvarianten.

Pflanzen. Lavendelbüsche, Zitruspflanzen, Küchenkräuter, Rosensträusse, Tulpen, bizarre Gestecke für den Muttertag.

Sonstiges. Blumenerde, Rasensamen, Osterdeko, Rasendünger, Schnorchelset, Kinderquietschebüchlein, Solarlampen, Snowboard-Rückenpanzer.

WUNSCHLISTE: 
Generell ist es so, dass wir, wenn wir ausnahmsweise mal einkaufen gehen, am selben Abend genau die Sachen in vielfacher Menge im Container vorfinden. Daher der Scherz: "Hast du eingekauft? Heut Abend gibts noch viel mehr davon im Container." Es gibt aber noch ein paar Sachen, die wir noch nicht im Container gefunden haben. 

Tee, Olivenöl, Olivenpaste, Essig, sexy Dessous und Fashion für Charlotte, Hosen, Röcke, Seidenstrümpfe, Damenschuhe, Echsenleder-Cowboyschuhe aus Mexiko, Leinsamen, Gewürze, Weihrauchcreme, Calciumtabletten von Burgerstein, Tofuwürstchen, Weihrauchkapseln, getrocknete Feigen, Flohkamm für die Katze, Plätzchenschablone für den Fleischwolf, eine Gartenschlauchdüse, die nie kaputtgeht, schottischer Whiskey, mehr Käse für Zottel, Naturreis und Reisegutscheine, Xylit (Birkenzucker, der die Zähne schont), Himalayasalz, MSM (Schwefelpulver, heilt sogar Aids), LSD (macht alles bunt), Musikinstrumente, Trommel für schamanische Reisen ins Nimmerland.



Sonntag, 12. Mai 2013

Wir bleiben dran - Container for People!

Wir sind bestürzt über den Medienhype zum Thema Containern. Die Gründe für unsere ungewöhnliche Art der Nahrungsmittelbeschaffung sind vielfältig. 

Unbestritten ist, dass Container nichts als Müll und für uns einen gewissen Fun-Faktor beinhalten. In London sieht es da etwas anders aus. Das weggeworfene Essen ist unerreichbar hinter Stacheldraht platziert, sodass sich niemand Zugriff verschaffen kann, ohne einen Behälter zu beschädigen, eine Straftat zu begehen oder sich zu verletzen. Großbritannien melkt sogar seine Sozialhilfebezüger, indem es neuerdings die Bedroom-Tax einführt. England ist arm. Doch darüber spricht man nicht. Lieber schaut man sich die kampflustigen Sprüche eines machtgeilen Boris Johnson an und zetert über No. 10. 

Wollen die (Schweizer) Medien solche Verhältnisse? Wollen die Medien die Wahrheit weiter verschweigen und brav ihr Schweigegeld in Form von Inseraten von Migros, Coop und Aldi annehmen? Migros und Coop "vergasen" ihre Tonnen von Essensresten bereits. Und Aldi ist auf dem besten Weg zur "Machtergreifung": Security-Leute, die uns einzuschüchtern versuchen, wenn wir ihren Müll gratis mitnehmen. Würden sie uns auch erschiessen oder verrecken lassen, wenn wir wirklich Hunger leiden würden? Wir verarbeiten und essen die Gaben der offenen Container gerne. Und wenn es zu viel ist für uns, geben wir es anderen weiter, die zum Teil wie wir in finanzieller Hinsicht nicht auf Rosen gebettet sind. 

Alle nahmen das Essen gerne an. Niemand hat Nein gesagt.  Und: Alle, die unser "gerettetes Essen" sahen, waren bestürzt über diese Wegwerfgesellschaft. Diese Reaktion ist intelligent und logisch und soll nun von den Medien pervertiert werden, indem "wir" als wohlhabende Studenten dargestellt werden, die sich Studiengebühren und eine grosse Klappe leisten können und skrupellos anderer Leute Müll durchforsten, um der Kuh, die sie füttert, den letzten Tropfen und am besten illegal abzuschlürfen. Das ist völliger Irrsinn. Wir fragen uns: Warum berichten Medien über Menschen, die sich kritisch mit dem System auseinandersetzen und weiterdenken, auf diese oberflächliche, polarisierende Art und Weise? 

Im Krieg haben wir alles gegessen. Wir sehen, dass der Krieg auf andere Art und auf Kosten derer, die sich nicht so gut ausdrücken können, weitergeht. Einen Supermarktcontainer auszuräumen, erfordert einige Überwindung. Andere Randständige wühlen täglich in Mülltonnen beim Hauptbahnhof von Millionen-Zürich Downton Switzerland. Niemand berichtet über sie. Weil niemand sie sehen will. Lieber spuckt man auf diejenigen, die noch die Kraft haben, einen Container zu öffnen. Die Müllwühler von Downtown Switzerland haben schon alles verloren. Sie werden täglich angespuckt oder schlimmer noch: völlig ignoriert. 

Es wird nicht nur Essen weggeworfen. Die Modeindustrie vernichtet ebenfalls täglich Kleider und Schuhe. Auch da bleiben wir dran und werden Beweise liefern. Die Medien sind bestechlich. Wir nicht. Wir sind die NEUEN Medien. 

Wir bleiben dran - Container for People! 



Sonntag, 21. April 2013

Tomatensalat








Gestern Abend war es wieder so weit. Zottel und ich zogen los. Container-Karli war heute nicht mit von der Partie. Er wollte einen ruhigen, normalen Samstagabend im Drogenparadies Zürich verbringen. Also tingelte er besoffen durch die Clubs und fluchte, wenn man ihn nicht ins Casino ließ, weil er zu betrunken war. Das dicke Ende sollte aber noch kommen.

Zottel war guter Dinge und fuhr wie immer den Wagen. Er erzählte von seinem letzten Date, das sich als ganz normale Schweizerin entpuppte, die lieber im Lidl einkaufen geht und von Containern nichts versteht. Sie steht morgens früh auf, um den Bus zur Arbeit pünktlich zu erwischen und freut sich auf die Ferien. Das waren die Eckdaten ihres Lebens. Zottel roch einen ereignislosen Lebensabend mit dieser Dame und war froh, als sie sich voneinander verabschiedet hatten. "Die nächste, bitte!", rief er in einer der scharfen Kurven der Züricher Pampa und drückte aufs Gas. 

Unsere Beute, ich muss mich leider kurz fassen, bestand aus mindestens 30 Kilo Tomaten und anderem Beigemüse. Viele süße Birnen, Grießpudding, Peperoni (Vitamin C!) und sogar zwei Lachsfilets, noch tiefgefroren, und ein Kilo Hühnerbrust. Endlich was für meinen Kater! Doch das Beste war Zottels Fund frischen Knoblauchs. Das hatte ich mir schon so lange gewünscht! Völlig aus dem Häuschen und mit einem irren Lachen fuhren wir zurück. 

Zu Hause erwartete uns ein schnarchender Karli, der so voll mit Drogen war, dass er erst von den ersten Tomaten-Sugo-Schwaden wach wurde. "HUNGER!", grunzte er. Als er seine schmalen Drogen-Äuglein öffnete, rieb ich ihm einen fetten, unveganen und daher für mich ungenießbaren Aprikosenkuchen unter die Nase. Er biss mir fast in den Finger. 

Zottel briet marinierte Fisch-Grill-Dinger und trank Rotwein – meine Linsen-Reste vom Mittag und Erdbeeren garnierten seinen Teller. Ich toastete eine Scheibe Pumpernickel und klatschte gebratene Shii-Take-Pilze mit Knoblauch und Zwiebeln darauf und aß mit Messer und Gabel. Unter dem Pilz-Knoblauch-Brei war eine Lage Feldsalat, die beim Kauen ein Knacken auslösen sollte, doch es blieb aus. Feldsalat ist eine sehr zarte Angelegenheit. Schweizer kennen ihn als "Nüsslisalat". 

Karli kaute und staunte. "Tomaten?" – "Ja, Tomaten." 

So, ich muss jetzt gehen. 


Sonntag, 14. April 2013

Sexyleuten im coolsten Land der Welt


Die Zürcher Bonzenfasnacht, auch bekannt unter dem Namen Sechseläuten, kehrt alle Jahre wieder. Männer in Strumpfhosen und Perücken auf der adligen Glatze reiten auf Kamelen um einen Schneemann herum, dessen Kopf mit Sprengstoff gefüllt ist. 

Je schneller dem schneemännischen Hobby-Taliban der Kopf explodiert, umso besser. Da wird auch gerne mit Brandbeschleuniger nachgeholfen. Während die Eliten des Landes das gemeine Volk mit Fischen, Broten und Rosen bewerfen, weil alle so brav waren und die sinkende Lebensqualität stoisch und mit einem Anflug von Verzückung über sich ergehen liessen. Dort, wo wir hingingen, gab es auch Fische, Rosen und Brote. Wir hatten einen zünftigen Spass. 

Charlotte
Aber erst einmal begann der Tag wie gewohnt. Herr W. von Goethe, mein Lebensabschnittsbegleiter, war gerade mit seinem täglichen Tageszeitungs-Scherenschnitt fertig geworden, als ich mich von hinten im tiefem Abendkleid anschlich, um ihm einen saftigen Schleck auf den Nacken zu packen. 

Ein Blick in den Kühlschrank offenbarte, dass das verliebte Paar bereits in 2 Stunden ernsthaften Hunger leiden könnte. Es waren leider nur 4 Chantilly-Desserts mit Stabilisatoren, einwandfrei verpackt, und eine halbe Flasche Kochwein übrig. 

Was tun? Auf diese hypothekische Frage wussten wir nur eine Antwort: Wir zogen unsere besten Beinkleider und Kostüme an und machten uns zu nächtlicher Stunde auf den Weg zum grössten Fresslieferanten des deutschsprachigen Raums. In seinem Eifer vergass mein Liebster den Türöffner. Sein Aftershave Dirty German liess mich alle Unbill vergessen. Zwei der Abfallcontainer waren glücklicherweise offen. Gott hatte uns in seiner göttlichen Weisheit nicht vergessen. Danke, lieber Gott. Du sorgst immer für uns alle. Du bist nicht so einer wie Ermotti. Sagte nicht unser Nachbar Schiller schon über ihn "Dingdong, Ermotti ist weg!" Und selbst wenn er weggehen sollte, wer würde ihm folgen? Noch so eine Kopie von Oswald Grübel? Wie voll würde der Koffer, der dann herausspaziert, diesmal sein? 




Wolfgang 
Als wir den Inhalt der Container erblickten, vergassen wir alle Sorgen und tauchten wollüstig in die Tiefen der Ursuppe. Charlottes Beine schauten sinnlich aus der grossen, sagenumwobenen Mülltonne, der Pandora-Box heraus. Ich konnte nicht umhin, genauer hinzusehen. Sie trug weisse Strümpfe mit einem herrlichen Häkelrand mit Overlock-Abnaht. Zwischen ihren Beinen, aaaaah! Da loderte es luderettenmässig. "Nimm nicht zu viel, sonst müssen wir wieder die Schwestern und Brüder der Wohngruppe Meisenheim mit unserem Überschuss beglücken." Charlotte ist nicht zu stoppen. Sie wissen ja, wie das ist bei Frauen. Frauen im Kaufrausch. Welches Zentrum in diesen Wesen wird dabei wohl stimuliert? Ist es die Ermotti-Gier oder ist es der unterdrückte Gina-Wildegöre-Rausch? Schwer bepackt und mit leichten Liedern schlendern wir gen Obdach. 



Charlotte
"Ich schnetzle meine Feinde und scheisse auf sie. Scheiss auf die Elite und ihre toten Fische", singe ich fröhlich, während meine Hand das flotte Messer führt. "Euer Durchlaucht, was tun Sie da?", frage ich meinen Goethe-Gatten, während ich den Porree durchlauche. "Ich bin am Entsaften, Liebste. Diese Zitronen wollen von uns bis aufs Letzte ausgepresst werden wie eine Limone. Schau, mein Saft, er gehört dir, allein dir. Das ist wahre Liebe."

Wolfgang
Charlotte errötet wie eine Container-Erdbeere. Sie schmiegt sich possierlich an mich und schnurrt wie eine Putin'sche Pussy-Riot-Tigerin. Er mag sie auch, die Frauen. Besonders die Femen-Frauen gefallen ihm sehr. Da lässt er sogar das deutsche Brustwunder Angela Merkel links liegen. "Ich fühle mich so schmutzig, lass die Sauna ihr heilendes Werk vollbringen. Zieh dich aus, du alte Tatort-Kommissarin." Selten rede ich so mit meiner Liebsten. Aber dies ist einer dieser Momente. Denn es wird heiss. Heisser als der Böögg auf seinem Scheiterhaufen. Da wir aber echte Zürcher sind, können wir es nicht lassen, die Wiederholung vom Sechseläuten im Fernsehen zu verfolgen, während die Sauna aufgeheizt wird. 

Der Böögg sieht anders aus als sonst. Ein paar Witzbolde haben seinen Kopf mit demjenigen der verblichenen britischen Staats-Un-Heiligen Maggie Thatcher ersetzt. "Sie sieht gut aus, fast besser als ich", sagt meine stets tiefstapelnde Partnerin und Geliebte. "Ja, bald platzt sie, schau genau hin." Aus der Menge kreischt eine blondierte ausgequetschte Zitrone, die aussieht wie die ehemalige Polizei-Fresse-Sprecherin "Den kenn ich doch, Sergio, du geiler Reichling! Ich will einen kleinen Ermotti von dir oder zumindest so reich werden wie du!" Die sichtbar geisteskranke Frau verschwindet umgehend in einem schwarzen Sack. "Wolfgang, ist es nicht schön, das wir tagsüber immer schlafen können? Wir haben das Privileg, die schönsten Stunden des Tages für uns zu haben. Nachts herrscht Ruhe vor diesem Gewimmel. Sergio Rumburak Ermotti, ist stolz wie seine Untertanen zärtlich nennen, wäre Stolz wie Oskar auf das Wahrwerden seiner und vieler anderer Rumburak-Träume. Doch wir, Wolfgang, wir sind von Geburt blau und blütig, uns gehört die Nacht." Meine Liebste hat es wieder einmal erfasst. 

Der offizielle Teil des Verbecherumzugs neigt sich dem Ende zu. Die Herrschaften auf dem hohen Ross ziehen sich zurück, um in ihren Zunftsstuben ihrer mittelalterlichen Halluzinationen zu frönen. Während das gemeine Volk die Glut des Feuers für ein Würstchen verbrät. Eine einsame Gruppe wirft Geldscheine ins Feuer. Sie verschwinden nicht in schwarzen Säcken, denn sie tragen selber welche. Mit der Kapuze auf dem Kopf sind sie leicht zu verwechseln mit einem Müllsack. 

Charlotte
In der Sauna ist es heiss. Wolfgang redet wieder von seinen Sonneneruptionen und davon, dass die Welt im Umbruch sei. Ich versuche zu schwitzen. Wolfgang tropft. Soll ich seinen Schweiss lecken? Als er aufsteht, betrachte ich seinen Körper. Plötzlich riecht es nach frischen Brötchen. Er hat es wirklich getan. Er stellt eine leere Bierflasche auf den Boden. Das erinnert mich an Ermotti. Wolfgang schwitzt sein mit Strasssteinchen besetztes Hello-Kitty-Badetuch durch. "Kein Schweiss aufs Holz!", steht in heiligen Lettern über der Tür. 




Montag, 1. April 2013

Vegan essen?


Gibt es hier etwas Veganes?
Meine Freundin isst vegan, und ich bin mit fast fünfundvierzig zum Vegetarier geworden. S., meine Partnerin, hat diesen Schritt schon lange vollzogen. Obwohl wir Fleisch liebten, waren's dann irgendwann einfach genug Argumente, die gegen das Fleisch sprachen, sei es eine grassierende Schweinepest, Pferdefleisch in der Lasagne, der Rinderwahn oder das Antibiotikum im Essen.
Die Situation im einfachen Restaurant gestaltet sich für uns oft schwierig. Da wimmelt's auf den Speisekarten nur so von Einfallslosigkeiten wie Wurstsalat, Wurstkäsesalat, Käseküchlein, Gulaschsuppe aus der Dose, Schnipo, Gordonbleu mit Pommes Frites oder einem Fleisch- und Käseplättli.
Mir, der dem Käse als tierischem Erzeugnis noch nicht abgeschworen hat, bietet sich also meistens noch knapp etwas zu essen. Bei S. bleibt leider einmal mehr die Wahl eines Tellers Pommes frites mit kleinem Salat.
Wir stellen immer wieder fest, wie rückständig und einfallslos es in Schweizer Restaurantküchen zu und her geht. Das Wort "Vegan" haben die meisten Köche, so erscheint es uns, noch gar nie gehört. Bei der Frage: Haben Sie auch etwas veganes? zucken sie irritiert mit den Schultern, oder schlagen auf der Karte den Ziegenkäsesalat vor.
Bittebitte, liebe Gastronomen! Wir wären schon zufrieden mit einem Gemüseteller (aber bitte nicht alles im Butter gewendet)!
Traumhaft wären natürlich auch Spaghetti mit Bärlauchpesto, oder Antipasti-Gemüse, ein vegetarisches Kokosmilch-Curry,  eine Rosmarin-Foccacia mit schwarzen Oliven, Knoblibrot (mit Olivenöl zubereitet), Falafel, Bratkartoffeln mit Pilzen, oder eine gefüllte Peperoni, beispielsweise mit Tofu, Reis, Pinienkernen und Rosinen…
Die Ernährungsgewohnheiten ändern sich und wir finden die Restaurants und Hotels sollten mit der Zeit gehen.
Wir würden uns freuen!


Sonntag, 17. März 2013

Revierkampf I


Als ich mich umsehe, steht da einer bei meinen Leuten, der nicht dazugehört. Einer mit einer roten Jacke. Sowas tragen meine Leute nicht. "Wer bist du denn, Mann!" fahre ich ihn an. Er zuckt zusammen. 

"Ich bin der Weazel" haucht das dünne Männchen. "Und das hier ist eigentlich mein Revier…" Ich schau ihn an wie eine alte Tante die gerade gepupst hat. "DEIN Revier? Nöt anymööre!" 

Das knickerige Männchen weiss nichts mehr zu sagen. Fast tut er mir leid. Er ist etwa 50, etwas vom Leben gebeutelt wie's scheint. "Hier, kannst den Klodeckel hier haben, will mal nicht so sein." Ich bin gerne grosszügig, wenn's mir nicht weh tut. Gierig schnappt sich Weazel die Packung mit der Klobrille drin. Enttäuschtes Gesicht. Das Scharnier am Sessel ist gebrochen. Er sieht mich fragend an. "Jaa, manche Sachen, die sie hier in den Container schmeissen, die sind tatsächlich kaputt. Hör mal, Weazel, du kannst den Spar im Nachbardorf haben, ist das klar? Nicht so sauber wie hier, der Container, dafür mehr Fertigpizzen und Sandwiches. Und die Brote vom Denner oben, aus dem roten Blechschrank, da kannst du nehmen was du willst. Dafür gibts du uns jeden Samstag einen Zehntel deiner Früchte und vom Gemüse ab, hast du mich verstanden? Und jetzt schleich dich!"

Es ist das erste mal, dass uns ein anderer Containerer in die Quere kommt. Ich bin ja eigentlich ein herzensguter Mensch, aber hier musste mal die Frontenlinie geklärt werden! Schleicht sich einer an uns ran, behauptet wir wären in SEINEM Revier. Er hatte Glück, dass ich nicht meine Tage habe, ansonsten hätten Zottel, Kiffmann und ich ihn etwas in den Container gesperrt. Da hätte er sich dann in aller Ruhe der schimmligen Erdbeerenlese widmen können.

Wir aber müssen weiter. Das hier ist sowieso nur ein Nebenschauplatz. Die wahre Musik spielt drüben in xxx Village, da holen wir jetzt Kleider, Schuhe und all den Kram, den sie sonst noch gekübelt haben. 

"MEIN Revier!" Tssss. Träum weiter, Weazel.



Sonntag, 24. Februar 2013

Freeganer Karli erzählt...

Endlich macht Einkaufen wieder Spass!


Es ist abends um acht. Im Dunkeln erkennen wir fünf Container, was da wohl heute alles auf uns wartet? Keine Flutlichtanlage erhellt den Platz. Wir bemühen unsere Smartphones mit Taschenlampenfunktion.

Bei uns kommt etwas Aufregung auf, wie seinerzeit als Kind an Weihnachten, wenn die Geschenke aufgemacht wurden. Wir, das sind Bananen Bettie, Container Karli und Zottel, der Lonesome Dumpster Diver.
Apropos Weihnacht: Dieser Anlass, der ja nicht im Mindesten noch irgendetwas mit Christentum zu tun hat, hat mir die Freude am Kaufen über die Jahre immer mehr vergällt. Mich regelrecht zum Konsumverweigerer gemacht.
Mittlerweile ist während drei Monaten Weihnacht, und einige Nachbarn haben noch immer ihre blinkenden Elche und tropfenden LED-Eiszapfen am Balkongeländer. Es ist jetzt Mitte Februar. Ich fühle mich verarscht. Wir sollen nur möglichst viel kaufen, kaufen, kaufen, und dabei wird uns gehörig suggeriert, dass dies das Fest der Freude sei. Und die Leute machen erstaunlicherweise noch immer munter mit. Jedes Jahr aufs Neue dreht sich das Schreckenskarussell namens Weihnacht. Klingelnde Glöckchen in der Supermarktdurchsage, Heuchelei und Stumpfsinn in allen Filialen.
Wir containern nicht aus Armut, dies sei hier mal klar gestellt.
Wenn man mal diese randvollen Container voller guter Lebensmittel gesehen hat, dann kommt man ins Grübeln. Man denkt nach über den sinnentleerten Weg dieser Spargeln, von Chile oder Peru her kommend, die da vor unseren Augen im Abfall liegen. Ein trauriger Anblick. Heute Nacht haben wir an die 25 Kilo Biokartoffeln aus dem Abfall gerettet. Zottel unser Komiker meint, ob wir nicht mal den Bauern da im Seeland anrufen sollten um ihn zu fragen, was er davon hält, dass seine schönen Biokartoffeln im Müllcontainer gelandet sind.
Wir finden heute Nacht Broccoli, Spinat, Eisbergsalat, Tomaten, Orangen, Erdbeeren,  Auberginen, Aufschnitt, Brot, sowie eine Fonduemischung,. An einem anderen Abend waren es Blumensträusse, Waschmittel, Rollkoffer und eine schmucke Geldkassette (um die mich Bananen Bettie mittlerweile beneidet).
Der dritte Container birgt eine Überraschung: Er ist randvoll mit fabrikneuen Kleidern. Kinderkleider, Pullis für Erwachsene, Schuhe, Pyjamas, Kuscheldecken oder Babykleider finden wir. Wir haben nicht damit gerechnet und sind etwas aus dem Häuschen. Eigentlich ein Skandal, finden wir. Das gute Zeug, einfach im Müll! Wir müssen das retten! Es geht uns einfach zu gut, das ein Fazit des heutigen Abends. Wir brausen nach Hause, teilen unsere Beute auf und machen uns ans Einmachen. Wir fühlen uns wie die Könige. Die Gefrierschränke sind zum Bersten voll, und Sugo haben wir auch schon zur Genüge. Nach dem Fondue schletzt Zottel noch eine Pizza hinterher, und dann noch ein Chantilly-Dessert. Er meint, das Containern sei eine viel angenehmere Art des Shoppings, weil man alles am selben Ort vorfinde, und nicht noch sein Wägelchen meilenweit durch den Supermarkt schieben müsse.
Komiker.
 
Container Karli

Samstag, 16. Februar 2013

Broccoli?

Das Wort Broccoli löst seit letzter Woche bei uns etwas aus. Als ich in einen großen Nahrungsmittelcontainer hüpfte, fand ich Broccoli. Grün, frisch und lecker sah sie aus. Ich legte sie auf den Boden und hüpfte wieder rein. Und noch mal Broccoli. Immer wieder Broccoli. Drei Taschen Broccoli. 

Heute ist unser Reizwort Babykleidung. Ein ganzer Container voll mit nagelneuen Baby- und Kinderkleidern. Das tat schon fast weh. Muss wohl eine unlogische Kopplung mit dem Mütterlichen sein. 

Wir fuhren heute Nacht viele Läden ab und machten eine "fette Beute". Zwei Damen aus unserem engsten Kreis waren sehr erfreut über die leckeren Sachen, alles frisch, sauber und kaum beschädigt. 





Heut Nacht essen wir ein nicht abgelaufenes Fondue aus dem Container und eine Pizza, belegt mit Spinat, Tomaten und Brocco…, nein, ähm, Schinken. Die Dame des Hauses kocht Spinat, denn der hält meistens nicht lange vor. Morgen blanchieren wir Broccoli und stecken ihn in die Tiefkühltruhe. Schon wieder Broccoli. Klingelts?

Wir überlegen, wie es weitergehen soll. Eigentlich wäre es schlau, wenn drei oder vier Parteien, die ein Auto haben, sich zusammenschliessen. Jedes Wochenende fährt einer der vier die Nahrung ein und verteilt sie bei den anderen drei. 

Na, wie wärs mit uns? Wir wohnen irgendwo zwischen Meilen und Wetzikon. 


Ansonsten: Bedienen Sie sich an unseren sporadischen Speisetafeln (rechts neben dem Blumenstrauß: Broccoli)!