Sonntag, 24. Februar 2013

Freeganer Karli erzählt...

Endlich macht Einkaufen wieder Spass!


Es ist abends um acht. Im Dunkeln erkennen wir fünf Container, was da wohl heute alles auf uns wartet? Keine Flutlichtanlage erhellt den Platz. Wir bemühen unsere Smartphones mit Taschenlampenfunktion.

Bei uns kommt etwas Aufregung auf, wie seinerzeit als Kind an Weihnachten, wenn die Geschenke aufgemacht wurden. Wir, das sind Bananen Bettie, Container Karli und Zottel, der Lonesome Dumpster Diver.
Apropos Weihnacht: Dieser Anlass, der ja nicht im Mindesten noch irgendetwas mit Christentum zu tun hat, hat mir die Freude am Kaufen über die Jahre immer mehr vergällt. Mich regelrecht zum Konsumverweigerer gemacht.
Mittlerweile ist während drei Monaten Weihnacht, und einige Nachbarn haben noch immer ihre blinkenden Elche und tropfenden LED-Eiszapfen am Balkongeländer. Es ist jetzt Mitte Februar. Ich fühle mich verarscht. Wir sollen nur möglichst viel kaufen, kaufen, kaufen, und dabei wird uns gehörig suggeriert, dass dies das Fest der Freude sei. Und die Leute machen erstaunlicherweise noch immer munter mit. Jedes Jahr aufs Neue dreht sich das Schreckenskarussell namens Weihnacht. Klingelnde Glöckchen in der Supermarktdurchsage, Heuchelei und Stumpfsinn in allen Filialen.
Wir containern nicht aus Armut, dies sei hier mal klar gestellt.
Wenn man mal diese randvollen Container voller guter Lebensmittel gesehen hat, dann kommt man ins Grübeln. Man denkt nach über den sinnentleerten Weg dieser Spargeln, von Chile oder Peru her kommend, die da vor unseren Augen im Abfall liegen. Ein trauriger Anblick. Heute Nacht haben wir an die 25 Kilo Biokartoffeln aus dem Abfall gerettet. Zottel unser Komiker meint, ob wir nicht mal den Bauern da im Seeland anrufen sollten um ihn zu fragen, was er davon hält, dass seine schönen Biokartoffeln im Müllcontainer gelandet sind.
Wir finden heute Nacht Broccoli, Spinat, Eisbergsalat, Tomaten, Orangen, Erdbeeren,  Auberginen, Aufschnitt, Brot, sowie eine Fonduemischung,. An einem anderen Abend waren es Blumensträusse, Waschmittel, Rollkoffer und eine schmucke Geldkassette (um die mich Bananen Bettie mittlerweile beneidet).
Der dritte Container birgt eine Überraschung: Er ist randvoll mit fabrikneuen Kleidern. Kinderkleider, Pullis für Erwachsene, Schuhe, Pyjamas, Kuscheldecken oder Babykleider finden wir. Wir haben nicht damit gerechnet und sind etwas aus dem Häuschen. Eigentlich ein Skandal, finden wir. Das gute Zeug, einfach im Müll! Wir müssen das retten! Es geht uns einfach zu gut, das ein Fazit des heutigen Abends. Wir brausen nach Hause, teilen unsere Beute auf und machen uns ans Einmachen. Wir fühlen uns wie die Könige. Die Gefrierschränke sind zum Bersten voll, und Sugo haben wir auch schon zur Genüge. Nach dem Fondue schletzt Zottel noch eine Pizza hinterher, und dann noch ein Chantilly-Dessert. Er meint, das Containern sei eine viel angenehmere Art des Shoppings, weil man alles am selben Ort vorfinde, und nicht noch sein Wägelchen meilenweit durch den Supermarkt schieben müsse.
Komiker.
 
Container Karli

Samstag, 16. Februar 2013

Broccoli?

Das Wort Broccoli löst seit letzter Woche bei uns etwas aus. Als ich in einen großen Nahrungsmittelcontainer hüpfte, fand ich Broccoli. Grün, frisch und lecker sah sie aus. Ich legte sie auf den Boden und hüpfte wieder rein. Und noch mal Broccoli. Immer wieder Broccoli. Drei Taschen Broccoli. 

Heute ist unser Reizwort Babykleidung. Ein ganzer Container voll mit nagelneuen Baby- und Kinderkleidern. Das tat schon fast weh. Muss wohl eine unlogische Kopplung mit dem Mütterlichen sein. 

Wir fuhren heute Nacht viele Läden ab und machten eine "fette Beute". Zwei Damen aus unserem engsten Kreis waren sehr erfreut über die leckeren Sachen, alles frisch, sauber und kaum beschädigt. 





Heut Nacht essen wir ein nicht abgelaufenes Fondue aus dem Container und eine Pizza, belegt mit Spinat, Tomaten und Brocco…, nein, ähm, Schinken. Die Dame des Hauses kocht Spinat, denn der hält meistens nicht lange vor. Morgen blanchieren wir Broccoli und stecken ihn in die Tiefkühltruhe. Schon wieder Broccoli. Klingelts?

Wir überlegen, wie es weitergehen soll. Eigentlich wäre es schlau, wenn drei oder vier Parteien, die ein Auto haben, sich zusammenschliessen. Jedes Wochenende fährt einer der vier die Nahrung ein und verteilt sie bei den anderen drei. 

Na, wie wärs mit uns? Wir wohnen irgendwo zwischen Meilen und Wetzikon. 


Ansonsten: Bedienen Sie sich an unseren sporadischen Speisetafeln (rechts neben dem Blumenstrauß: Broccoli)!