Montag, 7. Oktober 2013

Die Aspiranten


Gerne nehmen wir hin und wieder Gäste mit auf eine Container-Tour. Und heute ist eine grosse Tour angesagt! 

Obwohl Charlotte und meine Wenigkeit in Kürze und Bälde zu unserem Sommersitz aufbrechen und eigentlich dort nicht viele Lebensmittel brauchen (wir leben auf Schloss Somersault ausschliesslich von den Plantagen unserer Residenz), wollen wir den zwei jungen Aspiranten doch einen heftigen Einblick in die Verschwendungssucht unserer Zuvielisation bieten.

Wie es sich für Auszubildende gehört, müssen sie sich in geeigneter Arbeitskleidung auf die Tour begeben… eine Frage von Stil und Etikette, das sollen diese jungen Menschen sich hinter die gewaschenen Ohren schreiben!

Am ersten Ort, den wir aufsuchen, schrecken wir Ordensbruder Luis auf, der sich da gerade am Brockenhaus-Container zu schaffen macht. Ihm rast sichtlich das Herz bei unserem Anblick. Er hat uns in den Uniformen für Securitas-Personal gehalten! Wir lachen amüsiert, dann tauschen wir uns etwas aus. Er kennt einen Weg zu einer neuen Nahrungsquelle und beschreibt uns detailiert, wie man zu dieser gelangt.

Unser Karrosse ist nach wenigen Minuten bereits bis unters Dach gefüllt, vorwiegend mit Rosenkohl, Peperoni, Pflaumen und Pfirsichen. Ehrlich gesagt habe ich, Wolfgang, in letzter Zeit etwas zuviel Rosenkohl gegessen, es gelüstet mich nach anderem. Kartoffeln beispielsweise. Zuhause habe ich bereits sechs Ananas' zu einem herrlichen und erquickenden Saft verarbeitet.

Die zwei Aspiranten staunen ob der Qualität der Waren, welche praktisch einwandfrei sind. Seit unser Lieblingseinkaufsladen bis zu Geschäftsschluss frisches Brot anbietet, finden wir eine breite Palette knuspriger und noch warmer Brote vor.

Seit meinem Beschluss, Diät zu halten und zwanzig Kilo Gewicht zu verlieren, interessieren mich weder die vielen Süssgetränke noch die hunderte von Hühner- oder Kinderüberraschungseiern. 
Meister Zottel, unser sportbesessener Kollege, ist dem ungesunden Kram nicht abgeneigt, und seine gierigen Äuglein glänzen lustig. Seine neue Methode ist es, manche Sachen direkt am Container durchzukauen, fürs reine Geschmackserlebnis, um es dann wieder zurück in einen anderen Container zu spucken… 

Wir fahren mit der Kutsche zurück nach Schloss Ehrenfels, wo wir erstmal alles abladen. Romantiker, der ich bin, drücke ich Charlotte sechs mitgebrachte Blumensträusse in die Hand. Dann machen wir uns auf, in weiter entfernte Grafschaften der Dekadenz und des Überflusses. Bereits am nächsten Ort treffen wir zwei neue Nachtschatten-Gestalten, die sich am Container zu schaffen machen. Man begrüsst sich freudig erregt, und ich stelle fest, dass wir sogar Freunde und Komillitonen im Container finden.

Man findet sich schnell, tauscht sich aus, und schnell kommen wir darauf, dass wir eigentlich eine Form von Tauschbörse bräuchten. Beispielweise treffen sich alle Dumpster Diver Samstag nachts um halb elf auf einem Parkplatz und tauschen Sachen aus…

Überwältigend, diese Tour, einmal mehr. Ich erinnere die Aspiranten an dieser Stelle gerne daran, dass es sich um einen ganz normalen Abend handelt.

Die Container werden wieder kühler, das Bakterienwachstum wird gestoppt. Wir werden bald wieder Eistorten und Fondue essen können (also, ich nicht. Wie gesagt, bin auf Diät). Und bald schon kann Kollege Zottel wieder herzhaft Sushi direkt aus dem Container schlemmen.



2 Kommentare:

  1. Macht weiter so! Die Balance von selbst gefunden und selbst angepflanzt tönt gut. Bin in der Stadt und habe erst zwei Einsätze hinter mir. Es werden wohl noch weitere werden, wenn meine Freundin mir den Spass nicht verdirbt. Eine Teilet wäre tatsächlich nicht schlecht, doch Ihr wohnt zu weit weg...

    AntwortenLöschen
  2. hey leute, bin gerade an einer VA dran,das thema heisst nahrungsüberschuss in der schweiz. Deswegen wollte ich fragen ob ihr containern geht ? wen ja, ob ich au mal mitkommen kann ? wäre froh über eine rasche antwort :D thx

    AntwortenLöschen